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Von der Wende zur Normalität
Drei Filme aus der ZDF-Reihe "Das Kleine Fernsehspiel"

Am Anfang, als das ZDF vor 40 Jahren zu senden begann, stand die Idee, einmal in der Woche in der Länge von 24:30 Minuten etwas Anspruchsvolleres, Literarisches, beziehungsweise Cineastisches zu zeigen. Diese Filme hießen aufgrund ihrer Länge und im Gegensatz zu den 90-Minuten-Filmen des Hauptabendprogramms "kleine Fernsehspiele", woran sich in den nachfolgenden Jahrzehnten nichts mehr ändern sollte. Das waren anfangs Eigen- oder Auftragsproduktionen, meist nach literarischen Vorlagen und im Ausland - schon damals nicht selten in der CSSR, in Polen oder Ungarn - gekaufte Kurzspielfilme in deutsch synchronisierter Fassung. Künstlerische Qualität war entscheidend.
Später, von 1973 an, als "Das Kleine Fernsehspiel" sich vom Vorprogramm gelöst hatte und zu einer eigenständigen Reihe mit Werkstattcharakter wurde (fast zeitgleich mit dem Beginn des politischen Tauwetters nach dem Helsinki-Abkommen), blieb die Osteuropa-Bindung nicht nur erhalten, sondern wurde sogar intensiver. Mitglieder der Redaktion, besonders jene, die selbst aus "dem Osten" stammten, haben sich mit großem persönlichen Engagement dafür eingesetzt. Aus losen Geschäftsverbindungen wurde - mit den Schwerpunkten Ungarn und Polen - eine beinahe regelmäßige Zusammenarbeit.
Die für goEast ausgewählten drei Filme aus der Produktion des "Kleinen Fernsehspiels" sind ein Spiegel der historischen Veränderungen nach 1989. Der Druck ist - zumindest teilweise - gewichen, doch es braucht offensichtlich Zeit, bis auf das Ereignis der Wende künstlerisch reagiert werden konnte, und es sind andere, bisher noch unbekannte Filmemacher, die dies tun. Hans Kutnewsky, ehemaliger Redakteur beim ZDF, "Das Kleine Fernsehspiel", führt in die Retrospektive ein und gibt Erläuterungen zu den einzelnen Filmen.

Bolsche Vita / Bolse Vita
Ungarn 1995
Regie: Ibolya Fekete, 96 MIN
Im Bolse Vita, einer Szenekneipe in Budapest, treffen nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums die unterschiedlichsten Menschen aufeinander: eine Budapester Russisch-Lehrerin, die ihre kleine Bude an russische Durchreisende vermietet und niemals auf ihre Kosten kommt, ein Ingenieur aus dem Ural, der versucht, auf dem Schwarzmarkt zwei Koffer voller Messer zu verkaufen und Opfer von Schutzgelderpressern wird, oder die rastlosen Intellektuellen Susan und Maggie aus den USA und England auf der Suche nach dem richtigen Mann. Für kurze Zeit sind sie wie eine große Familie. Der Film gewann unter anderem beim Festival des Jungen Osteuropäischen Films in Cottbus den Hauptpreis sowie bei der Budapester Filmschau den Preis der Internationalen Filmkritik und den Preis für den besten Erstlingsfilm.
Caligari: 27.03. / 13.30 Uhr

Die Rückkehr des Idioten / Navrat Idiota
Tschechische Republik 1999
Regie: Sasa Gedeon, 97 MIN
Der verrückte František wird aus der Psychiatrie entlassen. Er soll zurück ins "normale" Leben, doch was er in seiner Heimatstadt erlebt, beginnt ihn schnell zu verwirren. Die schöne Anna, die er im Zug kennen gelernt hat, scheint nicht nur die Freundin von Františeks Verwandtem Emil zu sein, sie hat offenbar noch einen Liebhaber. Dann entdeckt František zufällig, dass auch Emil eine Geliebte hat. Zu allem Überfluss handelt es sich um Annas Schwester Olga. Emils Bruder Robert wiederum stellt sich als Annas Liebhaber heraus. Der "Idiot" versteht die Welt nicht mehr.
Caligari: 27.03. / 15.30 Uhr

Gagarin, ich habe Dich geliebt / Gagarin, ja vas ljubila
Ukraine 1992
Regie: Valentina Rudenko, 53 MIN
Die Beziehung zwischen dem Traum vom Weltall zu Zeiten Gagarins und der Realität des russischen Alltags. Die ukrainische Regisseurin Valentina Rudenko war im Jahr des Gagarin-Fluges 1961 drei Jahre alt. Für ihren Film hat sie in Moskauer Archiven Filmmaterial gesucht, das mehr als das glatte Bild des Helden zeigt, und die Witwe des Weltraumfahrers besucht. Sie zeigt den Mythos Weltall als Traum von einem besseren Leben anderswo, einen Traum, der umso anziehender wirkt, je grauer das tatsächliche Leben sich gestaltet.
Caligari: 31.03. / 11.00 Uhr