Pressemitteilung
       
  Frankfurt / Wiesbaden, 21. März 2003    
       
  Brücken in den Osten

Osteuropas Filmemacher entdecken Wiesbaden: goEast verzeichnet Rekord-Einreichung von Wettbewerbsfilmen

Es ist soweit: am kommenden Mittwoch, dem 26. März, beginnt zum dritten Mal goEast, das Festival des mittel- und osteuropäischen Films. Neben rund 90 geladenen internationalen Gästen haben sich 300 Fachbesucher (u.a. Journalisten, Regisseure, Verleiher, Produzenten, Politiker, Archivare) aus Ost und West angesagt. Aus der Region werden circa 5.000 Besucherinnen und Besucher erwartet, wenn das Deutsche Filminstitut - DIF in Wiesbaden wieder eine Woche lang ein Fenster zum Osten öffnet. In den Sektionen Wettbewerb, Hochschulfilm, Symposium, Retrospektive und Highlights laufen insgesamt 107 lange und kurze Filme aus Mittel- und Osteuropa, darunter 16 aktuelle internationale und deutsche Premieren sowie eine Welturaufführung. Hauptsponsoren des Festivals sind die Landeshauptstadt Wiesbaden mit einem Betrag von 100.000 Euro und das Hessische Wirtschaftsministerium im Rahmen der Landesinitiative hessen-media, ebenfalls mit einer Summe von 100.000 Euro.

Im Wettbewerb konkurrieren neun Spiel- und sechs Dokumentarfilme um die folgenden Preise: den mit 10.000 Euro dotierten Hauptpreis "Die goldene Lilie" für den besten Film und den mit 7.500 Euro bestückten Preis der Stadt Wiesbaden für die beste Regie. Darüber hinaus fördert die Gemeinnützige Hertie-Stiftung im Rahmen ihres Engagements für Europäische Integration den mit 10.000 Euro ausgestatteten Dokumentarfilmpreis. Eine international besetzte Jury entscheidet über die Preisvergabe. Ihr gehören neben dem tschechischen Regisseur und Oscar-Preisträger Jirí Menzel (Vorsitz) der rumänische Regisseur Nae Caranfil (Gewinner des Jury-Preises bei goEast 2002), die bulgarische Produzentin Rossitsa Valkanova, Maciej Karpinski, der Leiter der Abteilung für Internationale Beziehungen beim Polnischen Fernsehen und Direktor des Filmfestivals Gdynia sowie Kurt Kupferschmidt, Geschäftsführer der Verleih- und Produktionsfirma Salzgeber & Co. Medien GmbH, Berlin, an. In diesem Jahr wurden insgesamt 127 Filme für den Wettbewerb eingereicht, im Jahr davor waren es nur 56 Filme - Osteuropas Filmemacher haben goEast entdeckt.

Zum ersten Mal ist zusätzlich eine Jury des Internationalen Verbandes der Filmkritik während des Festivals anwesend. Die Filmkritiker György Báron aus Ungarn, Bojidar Manov, Vize-Präsident der FIPRESCI aus Bulgarien, und Marcus Stiglegger aus Deutschland vergeben den begehrten FIPRESCI-Preis an einen der Wettbewerbsfilme.

Das Festival legt Wert darauf, den Blick auf die aktuelle Filmproduktion der Länder Mittel- und Osteuropas mit dem Blick auf Vergangenheit und Zukunft zu verbinden. Daher präsentiert es auch diesmal wieder junge Talente aus Ost und West. Im Hochschulfilmprogramm stellen Studierende der Filmhochschulen aus dem slowenischen Ljubljana und dem ungarischen Budapest sowie aus Berlin, Köln, Kassel, Mainz und Offenbach ihre Arbeiten vor. In drei Kurzfilmprogrammen zeigen die RegisseurInnen ihre Dokumentar- und Experimentalfilme, ihre Kurzspielfilme und Animationsfilme im internationalen Vergleich. Über die Preise (750 € in jeder Kategorie) entscheidet das Publikum. Im Anschluss an das letzte Hochschulfilmprogramm und die Preisverleihung (Samstag, 29. März, ab 22 Uhr) wird im "Caligari" gefeiert.

Das wissenschaftliche Symposium, ein weiterer bewährter Schwerpunkt des Festivals, beschäftigt sich im Jahr der Deutsch-Russischen Kulturbegegnungen (2003/04) mit dem Verhältnis dieser beiden Länder zueinander. Ein umfangreiches Programm mit Filmen vor allem aus den 1930er- und 1940er- Jahren, darunter auch viele Entdeckungen aus dem russischen Gosfilmofond-Archiv, bietet Material, um über Vorurteile sowie positive und negative Klischees zu diskutieren. Unter der Leitung des Berliner Filmhistorikers Hans-Joachim Schlegel stellen Experten aus Moskau, Riga, Vilnius, Gernsbach und Berlin die wechselhaften "Bilder des Deutschen im sowjetischen und postsowjetischen Kino" vor. Im Kontext der jeweiligen historischen, politischen und kulturellen Bedingungen soll den Grundlagen und Folgen dieser Ikonografie nachgegangen werden. Das Symposium, das vom 31.03 bis zum 02.04 im Sitzungssaal des Rathauses Wiesbaden stattfindet, wird von der Allianz Kulturstiftung und dem Auswärtigen Amt, Berlin, gefördert. Das Vortragsprogramm steht allen Interessierten offen, die Teilnahme ist kostenlos. Druckfrisch liegt mittlerweile auch die Publikation zum Symposium des vergangenen Jahres vor: "Subversionen des Surrealen im mittel- und osteuropäischen Film". Der inhaltlich und gestalterisch hochwertige Band (256 Seiten und 78 Abbildungen) dokumentiert nicht nur die Vorträge des Symposiums und Mitschnitte der Diskussionen, sondern umfasst auch zeitgenössische Dokumente, Manifeste und Filmografien.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen folgende weitere Specials im Programm:

Das Festival widmet die Retrospektive 2003 dem russischen Dramatiker Anton Cechov und zeigt 12 Verfilmungen seiner Werke, u.a. von Louis Malle, Andrzej Wajda, Nikita Michalkov und Laurence Olivier. Adaptionen aus ganz unterschiedlichen Ländern (UdSSR/Russland, USA, Polen, Italien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland), angefangen bei einem Stummfilm von 1911 bis hin zu einer modernen Version von "Onkel Wanja" aus den neunziger Jahren, belegen, dass Cechovs Stoffe nicht nur Theater-Regisseure immer wieder faszinieren und inspirieren, sondern auch im Kino sehr präsent sind. Das sein "schmerzliches Grundmuster der Existenz" (Natalia Ginzburg) gegenwärtig sehr aktuell ist, davon zeugt auch Kira Muratovas Wettbewerbsbeitrag CECHOV-MOTIVE.
goEast freut sich besonders, am Sonntag, den 30.03. eine Nachfahrin des berühmten Schriftstellers und Dramatikers zu Gast zu haben: Vera Tschechowa. Der Filmkritiker Daniel Kothenschulte moderiert die Matineé mit der berühmten Schauspielerin und Regisseurin, die um 11.00 Uhr in der Caligari FilmBühne beginnt. Im Anschluss ist SCHWARZE AUGEN (R: Nikita Michalkov, Italien 1987), eine Verfilmung der Erzählung "Die Dame mit dem Hündchen" mit Marcello Mastroianni in der Hauptrolle zu sehen.
Eine vom Festival organisierte und von der Berliner Theater- und Filmwissenschaftlerin Renate Helker kuratierte Ausstellung im Museum Wiesbaden (28.03.-11.05.2003) beschäftigt sich mit dem "Tschechow-Clan". Mit Fotos, Briefen und Dokumenten aus dem umfangreichen Privatarchiv Knipper/Tschechowa wird die Geschichte der deutsch-russischen Künstlerfamilie, vor allem die der Protagonisten Anton Cechov und des Filmstars Olga Tschechowa, dargestellt.
In einer Szenischen Lesung am Samstag, den 29.03. um 14.00 Uhr in der Caligari FilmBühne tragen Iris Atzwanger und Ulrich Cyran, beide Schauspieler am Hessischen Staatstheater, Passagen aus dem Briefwechsel zwischen Anton Cechov und Olga Knipper vor. Die Korrespondenz gibt nicht nur Einblicke in das von Sehnsucht bestimmte Liebesverhältnis des häufig getrennt lebenden Paares, sondern auch in die Arbeit Knippers am Moskauer Künstlertheater und in die Quellen, aus denen Cechov Material für seine Theaterstücke schöpfte. Nicola Brakamp hat die Veranstaltung konzipiert, während der auch Videoszenen eingespielt werden. Danach läuft der Film UNVOLLENDETE PARTITUR FÜR EIN MECHANISCHES KLAVIER (R: Nikita Michalkov, UdSSR 1977).

Die Kooperation mit der Redaktion "Das kleine Fernsehspiel" ermöglicht es, Filme aus dieser ZDF-Reihe, die von Beginn ihres Bestehens an großen Wert auf künstlerische Qualität legte und eine enge Verbindung nach Osteuropa aufbaute, zu zeigen. Die vier für goEast ausgewählten Produktionen spiegeln die historischen Veränderungen nach 1989: GAGARIN, ICH HABE DICH GELIEBT (Ukraine 1992), BOLSCHE VITA (Ungarn 1995), MÜDE WEGGEFÄHRTEN (Deutschland 1996) und DIE RÜCKKEHR DES IDIOTEN (Tschechische Republik 1999). Hans Kutnewsky, ehemaliger Redakteur beim "kleinen Fernsehspiel", führt in die Reihe ein und stellt die einzelnen Filme vor.

In der Sektion Highlights möchten wir besonders auf den Film FLASHBACK aufmerksam machen. Der renommierte Dokumentarfilmer Herz Frank stellt dieses sehr persönliche Filmessay, in dem er die Zuschauer auf eine Reise durch seine Vergangenheit mitnimmt, am Montag den 31.03. um 15.30 Uhr im Caligari selbst vor. Im Anschluss besteht Gelegenheit zur Diskussion. Besondere Beachtung verdient auch der Film RUSSISCHE ARCHE des Regisseurs Aleksandr Sokurov, der gerade für sein Werk mit dem "Andrzej Wajda / Philipp Morris Freedom"-Price ausgezeichnet wurde (30.03.03, 22.00 Uhr Caligari FilmBühne). Der Film läuft bei goEast als deutsche Vorpremiere.

Aus aktuellem Anlass lädt goEast am Samstag, den 29. März um 16.00 Uhr zu einer Diskussion in die Villa Clementine. Unter der Fragestellung "Zerreißprobe für Europa? Identität im Angesicht des Irakkonfliktes" bietet goEast den internationalen Gästen des Festivals ein Forum, um über die gegenwärtige Haltung der Regierungen in den einzelnen Ländern, die Stimmung in der Bevölkerung und den Medien zu diskutieren und ihre persönliche Position zum Irakkrieg zu äußern. Während US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld aus strategischen Gründen von einem "neuen" und "alten" Europa spricht und damit versucht, den Westen vom Osten abzuspalten, gehen in Wirklichkeit auch durch Osteuropa Gräben - jedes Land hat andere Gründe und Motive für seine Position. Außenpolitische Taktik muss sich dabei nicht zwangsläufig mit der Meinung des Volkes decken. Während in Deutschland, England, Frankreich und Italien die Menschen für den Frieden auf die Straße gehen, hört man hierzulande wenig über Demonstrationen in Mittel- und Osteuropa. Ein wichtiges Ziel von goEast ist es, intensive Begegnungen und Dialoge zwischen Ost und West zu ermöglichen und eine Plattform zu bieten, um sich besser kennen zulernen - eine wesentliche Voraussetzung für ein gemeinsames Europa.

Der Abschlussfilm des Festivals, ERSATZTEILE (R: Damjan Kozole, Slowenien 2002), war der einzige Wettbewerbsbeitrag bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin, der aus Osteuropa kam. Er beschäftigt sich mit der Situation illegaler Flüchtlinge aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion.

Der Katalog zum Festival enthält ausführliche Inhaltsangaben zu allen Filmen, Bio- und Filmografien der Regisseure, zahlreiche Fotografien sowie Einführungen in die einzelnen Sektionen. Er ist zweisprachig (deutsch und englisch) und umfasst 120 Seiten. Zum Preis von 6 € ist er an den Kinokassen und im Festivalzentrum erhältlich. Ausführliche Informationen finden sich auch im Internet unter: www.filmfestival-goEast.de.

Im Festivalzentrum Villa Clementine stehen acht Video-Sichtungsplätze für Journalisten und Fachbesucher zur Verfügung. Hier sind alle Filme des Wettbewerbs sowie ein Großteil der eingereichten Filme, die Beiträge der Sektion Highlights und die des Hochschulwettbewerbs zu sehen. Auch die Filme der Retrospektive und des Symposiums liegen zum großen Teil auf VHS vor. Die Nutzer können sich so einen guten Überblick über die aktuelle Filmproduktion in Mittel- und Osteuropa verschaffen.

Es besteht die Möglichkeit zu Interviews mit den anwesenden Regisseuren, Jurymitgliedern und Gästen. Um vorherige Absprache mit dem Pressebüro wird gebeten. Das vollständige Pressematerial und Fotos zu den Filmen stehen unter www.filmfestival-goEast.de zum Download zur Verfügung, sind aber auch vor Ort erhältlich.

Veranstalter: Deutsches Filminstitut - DIF
Schaumainkai 41
60596 Frankfurt am Main
Telefon: 069 / 96 12 20 27 und 069 / 66 37 29 46
Fax: 069 / 66 37 29 47
info@filmfestival-goEast.de
www.filmfestival-goEast.de

Pressekontakt:
Maren Dey, Alexandra Walther
Luna Park 64 Medien Konzepte Projekte GmbH
Niddastr. 64
60329 Frankfurt am Main
Telefon: 069 / 25 66 97 31
Fax: 069 / 25 66 97 39
dey@lunapark64.de
www.lunapark.de

   
       
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